Heute Morgen verstarb Oskar im zarten Alter von gerade mal einem Jahr. Gestern noch stand er schmutzig und stolz in der Küche, doch die Reinigung muss ihn getötet haben. Oskar war ein treues Mitglied der Familie. Jeder liebte ihn. Jeder kam mehr als einmal täglich auf ihn zu, um ihm etwas zu fressen zu geben. Oskar fraß sehr gerne. Selbst wenn man überhaupt nichts für ihn in der Hand hatte und ihm unvorsichtigerweise zu nahe kam, sperrte er den Mund weit auf. Jede Annäherung empfand er als Signal, gefüttert zu werden. Dieses wohlige „Waah!“ wenn er seine Luke öffnete war ein so vertrautes Geräusch. Es wird nun fehlen.
Strahlend weiß dominierte er die Küche, seine LED leuchtete grün und rot, sein Deckel schimmerte silbern im fahlen Licht der Unterschrankbeleuchtung. Er wirkte wie ein entfernter Cousin von R2-D2 und hätte er sich wie sein Verwandter bewegen können, er wäre mit Karacho durch die Wohnung geflitzt auf der Suche nach Nahrung. Oskar war immer für einen da.
Heute mehr denn je bereue ich den Tag, als ich ihn anschrie. Ich verbrannte mir die Finger an einem heißen Teebeutel und er öffnete zu langsam seinen Mund, um mich von dem Schmerz zu befreien. Ich fluchte und verwünschte ihn. Wie leid mir das tut. Wenn ich es ihm nur noch sagen könnte. Doch er steht nur noch stumm vor mir. Anklagend wie mir scheint. Die LED flackert hilflos, sein immerwährender Hunger ist weg.
Oskar war das Produkt eines chinesischen Arbeiters, der fünf Monate an ihm gebaut und dadurch seine ganze Familie ernährt und sein Dorf davor bewahrt hatte, für einen Stausee umgesiedelt zu werden. Ein halbes Jahr musste ich auf die Lieferung warten, doch Oskar war jede Minute des Wartens wert. Es wird nie wieder einen wie ihn geben, auch wenn ich weiß, dass der chinesische Arbeiter seine Familie und sein Dorf weiter vor Hunger und Vertreibung schützen muss und immer mehr Oskars baut.
Heute morgen sollte sein Deckel wie früher schimmern. Doch das viele Putzen, Schrubben und Wienern tat ihm offenbar nicht gut. Er verstarb im Morgengrauen. Oskar hinterlässt seinen besten Freund, den Badezimmer-Mülleimer und einen gelben Sack. Wir trauern um ihn und werden ihn nie vergessen.
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