bad armatur

Benutzerfreundliche Hotelduschen

Wer stand schon einmal ratlos und sorgenvoll in einer Hoteldusche? Ratlos, weil unklar war, wo und in welcher Richtung die Temperatur eingestellt wird und wo und in welcher Richtung der Wasserdruck geregelt wird? Sorgenvoll, weil die Bedienung der Armaturen dazu zwingt, direkt unter dem Duschkopf zu stehen und die Möglichkeit besteht, dass gleich ein kalter oder kochend heißer Schwall Wasser niederprasselt? Jede Dusche in jedem Hotel in jeder Stadt ist anders. Man kann sich auf nichts verlassen und muss die Bedienung immer wieder neu ausprobieren und lernen. Als hätten sich alle Produktdesigner einfach nur ausgetobt, ohne an die notwendige Benutzerfreundlichkeit zu denken.

Manchmal fragt man sich als Designer, ob es wirklich so schwierig sein kann. Bestimmte Aspekte der Benutzerfreundlichkeit liegen doch auf der Hand und Produktdesigner haben ein jahrelanges Studium hinter sich, in dem sie gelernt haben, wie wichtig die Benutzerfreundlichkeit für ein Produkt ist. Im Mittelpunkt steht immer der Mensch. Bei aller Phantasie, allem Ausprobieren, dem Versuch, Grenzen zu überschreiten und Neues zu wagen, muss die beste Bedienbarkeit immer im Vordergrund stehen. Form follows function. So abgedroschen diese Regel auch sein mag, so wichtig scheint sie gerade bei alltäglichen Dingen zu sein. Und um eine weitere bekannte Regel zu zitieren: Gutes Design ist unsichtbar. Gutes Design funktioniert einfach, ohne dass sich die Anwendenden Gedanken darüber machen, ob und wie das Produkt gestaltet wurde und wie viel Arbeit in das Design geflossen ist.

Duschen und Duscharmaturen sollten so intuitiv wie möglich gestaltet sein. So, dass man von Anfang an weiß, wie man sie bedienen muss. Im Auto befindet sich das Gaspedal am rechten Fuß und der Blinker an der linken Hand. Blinker nach oben bedeutet rechts abbiegen, nach unten bedeutet links abbiegen. Bestimmte Aspekte und Details können standardisiert werden, um es den Anwendenden, die regelmäßig neue Geräte benutzen, leichter zu machen. Niemand muss das Rad neu erfinden. Und kaum jemand erwartet eine umwerfende Neuinterpretation einer Dusche. Zumindest nicht in Hotels, wo man die Bedienung erst erlernen muss. (In den eigenen vier Wänden mag das mit Sicherheit anders sein, da man die Bedienung dort schnell gelernt hat und sie sich nicht ändert. Dennoch gelten auch dort die meisten der unten stehenden Regeln.)

Wie sieht die perfekte Duschbedienung aus?

Bei der Gestaltung von Duschen sollten mindestens folgende Punkte beachtet werden:

  • Beginnen wir mit der Barrierefreiheit. Viele Hersteller denken noch immer, bei Barrierefreiheit handle es sich um Anpassungen für Behinderte. Doch das ist ein großer Irrtum. Barrierefreiheit bedeutet, die Bedürfnisse und Anforderungen von allen Menschen einzubeziehen, gleich jeglichen Alters, Geschlechts, Herkunft oder etwaiger Einschränkungen. Jede Gestaltung, die alle Menschen einbezieht und gleichermaßen die Nutzung erleichtert, dient auch allen Menschen.
  • Primäre Bedienelemente müssen klar und eindeutig gekennzeichnet sein. Es darf nie ein Zweifel darüber bestehen, wo die Temperatur und wo der Wasserdruck eingestellt werden. Es muss jederzeit klar sein, in welche Richtung das Bedienelement bewegt werden kann und muss, um die gewünschte Temperatur oder den gewünschten Wasserdruck zu erreichen. Die Beschriftung der Bedienungselemente muss ausreichend groß, leicht verständlich und eindeutig sein, auch bei eventueller Sehschwäche oder bei unterschiedlicher Interpretation von Farben. In den meisten Duschen sind die Lichtverhältnisse unzureichend und sehbehinderte Menschen sind ohne Sehhilfe hilflos. Außerdem ist davon auszugehen, dass nur wenige Menschen mit Brille duschen. Und wenn sie gezwungen sind, ihre Brille mit unter die Dusche zu nehmen, um sich zurechtzufinden, dann ist etwas schief gelaufen. (Looking at you, ihr Duschseifenhersteller, die mit viel Design und wenig lesbarer Schrift auf Tuben und Tiegeln auf Kundenfang gehen. Wenn Duschgel, Shampoo, Conditioner und Bodylotion alle gleich aussehen und nur in kleiner Schrift beschrieben werden, ist die Verwechslungsgefahr unnötig groß).
  • Darüber hinaus sollten alle Bedienelemente auch für Blinde gut ertastbare Markierungen habe und die Armaturen ebenfalls entsprechend eindeutig in ihrer Funktion wahrgenommen werden können. Auch in nassem und eingeseiftem Zustand. Blinde Menschen sollten nicht befürchten müssen, sich versehentlich zu verbrühen, weil sie einen Hebel in die falsche Richtung drehen.
  • Sekundäre Bedienelemente müssen ebenfalls klar und eindeutig in ihrer Funktion erkennbar sein. Wo und wie wird von Regendusche auf Brausestrahl umgeschaltet und wie ist die Grundeinstellung? Wo und wie werden gegebenenfalls weitere Brause- und Massagestrahlen zugeschaltet und geregelt?
  • Die Kennzeichnung sollte möglichst grafisch, ohne Text und eindeutig erfolgen, um die Identifizierung für Anwender aller Sprachen so einfach wie möglich zu machen. Und ja, das ist eine große Kunst, denn wie ich oft genug betone, sind Icons ohne zusätzliche Erklärung oft genug eine Quelle von Missverständnissen. Auf ausreichende Größe, Kontraste und eventuelle Farbgebung ist zu achten.
  • Alle Bedienelemente müssen so gestaltet sein, dass sie auch im nassen und vor allem eingeseiften Zustand leicht und sicher zu bedienen sind. Wenn man eingeseift und glitschig den Wasserdruck erhöhen will, aber ständig am Regler abrutscht, läuft etwas schief. (Bei diesem Punkt frage ich mich ohnehin: Werden Duscharmaturen wirklich unter realen Bedingungen getestet?) Bei der Bedienung von Knöpfen und Hebeln ist immer daran zu denken, dass sie auch von Kindern, von älteren Menschen, von Menschen mit bestimmten Einschränkungen bedient werden müssen. Umso wichtiger ist es, sie so zu gestalten, dass sie von jeder Person in jeder Lage leicht bedient werden können.
  • Von weiteren Details wie Duschkabinentüren, die dicht schließen und das Bad nicht unter Wasser setzen, wollen wir gar nicht erst anfangen. Oder ausreichend große Ablageflächen in der Dusche. Oder Haken, an denen Handtücher und Bademäntel aufgehängt werden können und nach dem Duschen schnell zur Hand sind. Diese und andere Unzulänglichkeiten in so manchem Hotelbad wären einen weiteren Beitrag wert.

Wenn ich das nächste Mal in einem neuen Hotel unter der Dusche stehe und wieder minutenlang versuche, den Mechanismus zu entschlüsseln, wie man auf Regendusche umschaltet, oder wenn ich mit Seife an den Händen versuche, den winzigen, glatten Knopf am Bedienhebel herunterzudrücken, während ich den Hebel drehe, werde ich wieder an diese Regeln denken und mich fragen: Kann es wirklich so schwer sein?

Kommentare

  1. Schon mal in England versucht die Hände zu waschen? Wie im Bild oben zu sehen haben dort alle Wasserhähne (an Waschbecken) separate Regelungen für Warm- und Kaltwasser. In England wasche ich die Hände deshalb eigentlich immer kalt (weil es mir zu doof ist die Temperatur aufwändig vor dem Einseifen einzuregeln.

    Aber ich kann Dich verstehen – ging mir in Hotels mehr als ein Mal schon so – ich teste deshalb bei „neuen“ (mir unbekannten) Duschmodellen meist erst mal von außen die Einstellungen. Regenduschen mit absonderlichen Einstellungen sind da aber tatsächlich ein Problem. Fast so toll wie die ersten 10 Sekunden kommt erst mal kaltes Restwasser, um dann durch brühend heißes Nasser (das schnell hochgeregelt wurde) ergänzt zu werden. Da auszutarieren ist ohne Tests vorher kaum möglich. Und Wasserdruck? Eh meist gar nicht vorhanden…

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