60 Stunden Solitaire

Der Name Solitaire stammt aus dem französischen und bedeutet „Allein“. Und er bezeichnet unter anderem ein populäres Kartenspiel, das natürlich allein gespielt wird. Man versucht dabei Ordnung in ein Chaos von herumliegenden und verdeckten Karten zu bringen. Auf meinem iPhone habe ich eine Variante dieses Spiels und die darin befindliche Statistik sagt, ich hätte in den letzten Wochen insgesamt 60 Stunden gespielt. Zweieinhalb Tage habe ich demnach nichts anderes getan, als Karten aufzudecken, sie zu ordnen und zu versuchen, Ordnung in das Chaos zu bringen. Zweieinhalb Tage meines Lebens. Nur für ein Spiel. Es bedarf keiner großen Phantasie um die Metapher zu erkennen, die ich hier zu beschreiben versuche.

Vor etwas mehr als zwei Monaten zog ich mich aus dem Netz zurück. Quasi komplett, bis auf E-Mail und das Chatprogramm Skype, das mich nicht völlig von meinen Kontakten Abstand nehmen ließ. Selbst mein Blog ließ ich zurück. Dieser Schritt war wohl überlegt, nötig und richtig. Ich bereue ihn nicht. Ich habe die letzten zwei Monate genutzt, Ordnung in das Chaos zu bringen, unaufgedeckte Karten zu betrachten und zu versuchen, endlich Klarheit zu erlangen. Was soll ich sagen, es ist mir zu einem großen Teil gelungen und zu einem noch größeren noch nicht. Ich starte das neue Jahr 2010 mit vielen Erkenntnissen, mit vielen Plänen und mit einem Berg an Arbeit. Und ich kehre zurück ins Netz.

Ab sofort möchte und werde ich wieder bloggen. Das Schreiben hat mir schon immer geholfen, bereits damals, als ich aus Liebeskummer meinen ersten Roman verfasste. Schreiben gehört zu mir. Ich habe es sehr vermisst. Allerdings werde ich unter anderen Voraussetzungen bloggen. Meine Geschichten bleiben persönlich, das Blog wird weiterhin deutlich als mein Blog zu erkennen sein. Aber ich setze mich nicht mehr unter Druck damit. Ich schreibe nur noch, wenn mir etwas einfällt und meine Kreativität mich nicht im Stich lässt. Ansonsten nicht. Bloggen soll Spaß machen und diesen Spaß versuche ich wieder zu finden.

Auch das Design hat sich geändert. Nunmehr noch minimalistischer. Damit möchte ich ein Zeichen setzen, dass es mir in meinem Blog einzig und allein um Texte und Fotos geht. Der ganze „Social-Kram“, die ganzen technischen Spielereien bleiben absichtlich außen vor. Hier gibt es nur was zu lesen, nichts zu spielen.

Ich habe auch meinen Facebook-Account reaktiviert. Und auch dies ist wohl überlegt. Mein Rückzug von allen Kontakten (bis auf Skype) sollte mir helfen, mich wieder auf mich zu besinnen. Um zu erkennen, was ich eigentlich möchte und wohin ich möchte. Denn diese Frage umtrieb mich das ganze Jahr 2009 und führte mich von einer Katastrophe in die nächste (oder nächst schlimmere). Nun, da ich erste konkrete Antworten gefunden habe, sehe ich keinen Sinn mehr darin, mich abzukapseln. Ich möchte mich der Welt wieder öffnen, auch wenn es nur eine virtuelle, technische Welt ist. Ich öffne mich auch nur auf einer Plattform und weit vorsichtiger und unter anderen Vorzeichen. Was ich damit meine, werden die lieb gewonnenen Menschen, die ich durch das Netz finden durfte, bald bemerken. Twitter allerdings lasse ich derzeit noch in der Schublade. Die Gründe dafür erkläre ich vielleicht irgendwann.

Wundervoll ist, dass ich das neue Jahr nicht unglücklich beginnen muss. Wo ich an einer Stelle Freunde verlor, kamen auf der anderen Seite neue dazu. Und mehr als das. Ich bin unendlich froh, diese geliebten Menschen um mich zu wissen. Zu wissen, dass sie sich kümmern, sich sorgen und dass ich so manche Karte nicht alleine einordnen muss. Und die restlichen Karten – da ist die Hoffnung größer denn je, auch das allein zu schaffen. Und währenddessen spiele ich Solitaire.

Kommentare

  1. Ich hoffe, du wirst weiterhin eifrig weiter lesen. All meine alten Artikel sind ja noch da. Viel Spaß. Und ja, ich werde hier auf jeden Fall weiter machen.

  2. martini_ganz

    Ich habe dein Blog nur kurz gelesen, bevor du den Stecker gezogen hast.
    Es klang sehr interessant und lesenswert.
    Und es freut mich, dass du die Welt zumindest in Raten wieder an deiner Welt teilhaben lässt.

    LG aus Wien!

  3. Katie und carryboo, auch euch vielen Dank für das liebevolle Willkommen.

  4. Endlich bist Du wieder da. Ich habe Deinen Blog so vermisst. Ich freue mich, dass Dir der „Notausstieg“ gut getan hat und Du wieder positiv an das was man Leben nennt herangehst. Die Menschen, die Dich lieben werden immer um Dich sein, wenn Du es willst. Und wenn Du mal wieder lieber „Solitaire“ spielen willst, dann sind sie trotzdem immer in Deiner Nähe. Und jetzt freue ich mich wieder über neue, wundervolle Blogeinträge.

  5. Schön, wieder von dir zu lesen :)

  6. @ Agent Dexter: Mag sein, dass das meiste Chaos von uns selbst erzeugt wird. Aber es wird mit Sicherheit auch von aussen beeinflusst. Stichwort Kontrollverlust. So etwas kann sehr traumatisch wirken, wenn es einem über den Kopf. Auch selbst produziertes Chaos wird irgendwann zuviel, Lösungen scheinen nicht mehr in Sicht und oftmals hilft wirklich nur noch die Notbremse, wenn man von der Strecke abgekommen ist. Ich schöpfe derzeit sehr viel Kraft und Mut, dass das neue Jahr ein gutes wird. Und wenn es so bleibt, werden wir uns unter Garantie auch im RL kennen lernen.

    @offensichtlich: Doch, so ein Chaos hat auch mit Twitter und Co. zu tun. Ich sagte nicht „nur“. Oder anders herum gesagt, wenn das Chaos schon da ist, ist Twitter und Co. eher kontraproduktiv.

    @Vizekoenigin: Danke für das „endlich“. Dir bzw. euch auch ein schönes neues Jahr.

  7. endlich. welcome back und ein frohes neues jahr!

  8. Ich glaube, so ein Chaos hat nichts mit Twitter & Co zu tun, das kommt immer aus sich selber.

  9. Agent_Dexter

    Schön, dass Du zurück bist. Und glaub mir, diese virtuelle Welt mag „technisch“ sein, aber kalt ist sie ganz sicher nicht. Was das Chaos betrifft, von dem Du schreibst, ist es doch viel eher ein Chaos, dass wir ausschließlich in unserem Herzen mit uns herumtragen. Meist liegt das daran, dass wir an Dingen hängen, die uns nichts bringen oder nicht das, was wir brauchen. Oder aber wir wollen zu viel auf einmal erreichen – auch dann versinkt oft vieles von dem, was wir zu bewältigen versuchen im Chaos. Wenn wir nicht vergessen, dass alles noch vor uns liegt und wir noch viel mehr schaffen können, wenn wir uns nur Zeit lassen und mit Ruhe an all das herangehen, dann kann nichts schief gehen. Was immer dich in diesem Jahr antreibt und wohin es dich auch immer führen mag, ich hoffe sehr, dass wir uns einmal im Real Life begegnen.

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