Blogosphäre 08

Liegt es nur an mir oder habt auch ihr das Gefühl, dass die Bloggerwelt nicht mehr die gleiche wie früher ist? In meinem Feedreader stehen derzeit etwa 50 Blogs. Was heißt derzeit? Eigentlich schon seit langem. Zu diesen 50 Blogs gehören private Blogs, von Menschen, die ich kenne oder die mir unbekannt sind und die ich einfach gerne lese. Außerdem sind da noch einige Design-Blogs, Themen-Blogs (Film, Musik etc.) und Gadget-Blogs. Außerdem sind auch einige SEO Blogs abonniert und News- und Tipps-Blogs. Das übliche also.

Nun stelle ich in den letzten Monaten aber fest, dass sich irgendwas verändert hat. Und wie gesagt, ich weiß nicht, ob es an mir liegt und ich einfach einen falschen Eindruck habe, oder ob wirklich etwas anders geworden ist. Lasst es mich aus einer anderen Perspektive erklären.

Es ist noch nicht so lange her, da war das Thema Podcast absolut In. Sie schossen wie Pilze aus dem Boden, jeder versuchte, einen eigenen Podcast herzustellen. Spezielle Kataloge und nicht zuletzt iTunes half bei der Verbreitung. Ja, sogar ein Podcastverein wurde gegründet. Und heute? Podcasts gibt es noch. Sogar unzählige. Aber wenn man sich gerade bei iTunes anschaut, welches die meist abonnierten sind, so stellt man fest, es handelt sich um die Restverwertung bereits bestehender Formate (Sendung mit der Maus, Witzige Werbespots etc). Also so gut wie nichts mehr von den privaten Machern, den Podcast Pionieren, die durch ihre "Amateur-Shows" frischen Wind in die Medien (Radio) Szene gebracht hatten. (Und der Podcast Verein wurde aufgelöst)

Ähnliches stelle ich seit längerem bei den Bloggern fest. Von meinen liebsten privaten Blogs veröffentlichen die meisten nur noch sporadisch Artikel. Immer häufiger sind diese Artikel entweder mit Entschuldigungen gefüllt, weshalb schon lange nichts mehr geschrieben wurde oder mit De.licio.us Links. Derzeit bin ich wirklich auf der Suche nach neuen Lieblings-Blogs, weil ich in den alten nichts mehr zu lesen finde. Das ist mehr als schade.

Bei den etwas professionelleren Themenblogs stelle ich fest, dass auch diese entweder komplett aufhören (weil die Arbeit zuviel wurde oder Autoren sich anderen Aufgaben widmen) oder zumindest immer seltener etwas veröffentlichen. Oder sie werden so professionell, dass sie mit privaten Blogs schon nichts mehr zu tun haben.

Und dann gibt es noch eine Art von Blog, die mir immer mehr auf die Nüsse geht (die ich aber auf der anderen Seite dann doch wieder bewundere). Das sind diejenigen, die nur für den Profit schreiben. Und auch dazu stehen. Womit es ja nichts auszusetzen gäbe. Aber inhaltlich geben sie absolut nichts her.

Bleiben wir gleich mal bei diesen Blogs. SEO-Blogs nennen sie sich und versuchen Tipps zu geben, wie man ein Blog erfolgreich machen kann. Schön und gut. Wer will das nicht? Ich habe sie ja auch aus genau dem Grund abonniert (und ich möchte festhalten, es gibt auch gute und ernsthafte SEO-Blogs). Auch ich habe natürlich Google AdSense Werbung in meinem Blog. Auch ich bin bei Trigami angemeldet. Auch ich gucke jeden Tag auf meine Statistiken und freue mich, wenn ich mal wieder die 300er Marke bei den Besucherzahlen geknackt habe. Aber irgendwie fehlt es mir an dem nötigen Biss, konsequenter zu sein, was den "Erfolg" des Blogs betrifft. Und damit meine ich nur das Schreiben der Artikel.

Sicherlich, es gibt unzählige Methoden, um ein Blog erfolgreich und bekannt zu machen (und ja, ich weiß, jeder definiert "erfolgreich" anders. Ich denke jetzt in diesem Zusammenhang einmal nur an zahlenmäßigen Erfolg, sprich hohe Besucherzahlen und/oder hohes Einkommen mit dem Blog), aber ich möchte sie irgendwie nicht alle nutzen. Ich habe bisher noch immer keinen Artikel für Trigami geschrieben. Und höchstwahrscheinlich werde ich das auch nie. Und ich schreibe so gut wie nie Artikel nur, um Traffic zu erzeugen. Komischerweise hätte ich ebenfalls gerne ein erfolgreiches Blog, aber alles dafür tun möchte ich nicht (geht mir wohl gegen meiner Schreiber-Ehre).

Vermutlich nerven mich diese SEO-Blogs deshalb so mit ihren immer wieder gleich lautenden Tipps, wie man die Besucherzahlen und die Werbeeinnahmen steigern kann. Letztens schrieb doch tatsächlich jeder über das neue Porno Portal Timtube und über die 4 Chancen Tournee bei Media Markt (und natürlich habe ich diese Buzz-Words jetzt auch benutzt und bin ebenfalls ein Traffic-Jäger – verdammt). Und sie klopften sich gegenseitig auf die Schultern und freuten sich diebisch darüber, wieviel Spaß es macht "diese Traffic Sau durch Klein-Bloggersdorf zu jagen". In den Artikel selbst war allerdings keinerlei Mehrwert.

Mehr als einmal wollte ich etwas ähnliches machen. Hin und wieder probierte ich es sogar aus, mit beachtlichem Erfolg sogar (was die kurzfristigen Besucherzahlen angeht). Doch im Großen und Ganzen widerstrebt mir dieses Verhalten. Ich möchte schreiben, worüber ich schreiben möchte. Und wenn ich von einem Lego-Laster berichte, anstatt über das iPhone ist das sicherlich schlechter für meinen Traffic. Wenn ich allerdings gerade nichts zum iPhone zu sagen habe, was soll ich dann scheiben? (In einem Xbox360-Blog tauchte vor kurzem ein Artikel über Christina Aguilera ohne Höschen auf. Mit Beweisfoto. Ich meine, was soll das?)

Vor kurzem ärgerte ich mich, weil ich eigentlich auf den neuen Batman-Trailer hinweisen wollte. Erstens weil er rattenscharf aussieht und ich mich wie Bolle auf den Film freue. Zweitens weil ich wusste, dass der Film gerade sehr beliebt bei den Suchenden war. Ich schrieb den Artikel nie. Vermutlich weil ich den Trailer in der Hälfte meiner abonnierten Feeds entdeckt hatte und mich plötzlich so müde fühlte…

Womit ich wieder zur Frage komme: liegt es an mir? Ja, zugegeben, derzeit fühle ich mich etwas müde, was das Bloggen betrifft. Und doch habe ich das Gefühl, ich bin nicht alleine damit. (Womit der Bogen zu den privaten Blogs gespannt ist) Gerade meine geliebten Freiburger Blogs veröffentlichen in letzter Zeit sehr viel weniger Artikel als früher. Oder es fällt mir nur besonders auf, weil ich ständig auf neuen Lesestoff warte? Auch bei anderen Blogs ist das zu spüren. Und sehr oft entdecke ich dann nur noch Überschriften, denen kein Inhalt mehr folgt (oder eine Entschuldigung). Woran liegt das? Ist hier allgemein eine Müdigkeit eingeschlichen wie in der Podcast Szene? Oder liegt es nur an mir?

Derzeit fällt es mir etwas schwerer zu schreiben. An mangelnden Themen liegt es nicht. Auch nicht an der Frage, ob das die Leser überhaupt interessiert oder nicht (ich schreibe es ja so oder so). Vielleicht liegt es daran, weil mir mein Blogsystem derzeit den Spaß etwas nimmt. Vielleicht bin ich auch nur zu faul, allzu lange zu recherchieren und Links zu sammeln. Vielleicht bin ich auch einfach nur müde. Wenn ich beim Thema schon bemerke, welche Ausmaße der Artikel annehmen wird, lasse ich ihn von Anfang an (hätte ich gewusst, wie lange dieser Artikel wird…) ;-)

Mein Blog steht nicht schlecht da. Ich habe etwa 300 Besucher täglich, fast jeder meiner Artikel zieht Kommentare nach sich, was mich sehr freut. Und sogar meine Werbung wird hin und wieder angeklickt (ich bin jetzt bei 13 $ innerhalb von 2 Monaten – vielleicht bekomme ich zum Jahreswechsel etwas ausbezahlt). Aber wie gesagt, ich möchte nicht "alles" dafür tun, um daran etwas zu ändern. Ich werde weiter die Artikel schreiben, die ich schreiben möchte und auch in der Form, wie ich es möchte.

Und ich möchte weiter meine Lieblingsblogs lesen. Doch das liegt leider nicht in meiner Hand. In den nächsten Tagen werde ich meine Feeds einmal ausmisten. Frühjahrsputz. Ich habe auch schon erste Kandidaten, die heraus fliegen werden. Bei einigen wird es mir allerdings mehr weh tun, als bei anderen.

Wie seht ihr das? Liegt es nur an mir oder ist die Bloggerwelt tatsächlich in letzter Zeit eine andere geworden?

Kommentare

  1. @ Benno: Naja, ich finde auch rappen an und für sich und ohnehin zumeist langweilig. Dann passt das ja, oder? ;-)

    @ Kollege: Da hast du nicht ganz Unrecht. Vieles, was bisher totgeglaubt wurde, hat überlebt: das Buch, das Kino, das Theater. Egal, welch neues Medium dazu kam. Das Internet, das Bloggen, RSS, Social Networks werden irgendwann bestimmt an Wichtigkeit verlieren und sich in das Gesamtgefüge einpassen. Es wird alles zu einer Selbstverständlichkeit werden und von etwas Neuem bedroht. Mode stimmt also – allerdings glaube ich nicht, dass DIESE Mode wieder verschwindet. Sie wandelt sich höchstens.

    Auch ich lese Blogs von Menschen, die ich persönlich kenne, weitaus lieber.

  2. Vom bloggen an sich verstehe ich nur wenig. Ich schaue auch nur hier alle paar Tage mal rein, weil ich die Person kenne, die diesen Blog hier betreibt und wissen möchte, was er gerade so macht oder wie es ihm geht. Ich sehe ihn ja nicht jeden Tag.

    Ich glaube, wir Menschen (und gerade die Deutschen) sind im Grunde alle etwas konservativ oder spießig. Die einen mehr, die anderen weniger. Wir (meine Freundin und ich) stellen das auch immer wieder fest – gerne auch an uns.

    Das Bloggen, RSS-Feeds, Podcasts usw. sind Modeerscheinungen der letzten Jahre. Mode kommt, Mode geht. Letztendlich liest wieder jeder seine Zeitung (von Bild bis Times ist alles dabei) und glotzt abends fern und geht am Wochenende neben der Kneipe vielleicht mal ins Kino.

    So ein Blog hier ersetzt meiner Meinung nach „nur“ das wöchtenliche Treffen bekannter Menschen. Nur machen wir das nicht mehr bei irgendwem zu Hause oder an einem rituellen Ort sondern im Internet. Man sucht hier wieder die Nähe und die Kommunikation unter Gleichen. Würde ich aber nicht wenigstens Roger (oder den/die eine/n oder andere/n Kommentatorin/en kennen, würde mich wenig bis gar nichts hier herlocken.

    BTW: Podcasts hingegen finde ich toll! Sendungen die ich aufgrund meiner wenigen Zeit und meines Wechseldienstes verpasse, nehme ich mit in den Zug. Da ist aber nichts dabei, was man nicht auch im Fernsehen sehen könnte.

    Der Kollege

  3. Übers Bloggen zu bloggen, ist so ähnlich wie übers Rappen zu rappen – meistens langweilig, selten spannend. Das mit den Blogs sollte man nicht so ernst nehmen.

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