Wohnungssuche und Umzug gehören meiner Meinung nach zu den großen Geiseln der Zivilisation. Beides mache ich nicht gerne und zwar aus mannigfaltigen Gründen. Nichtsdestotrotz mache ich es oft. Mit zerknirschtem Gesicht. In den letzten paar Wochen musste ich wegen der zurückliegenden Trennung erneut die Immobilienseiten durchforsten, immer die Kompromisse im Hinterkopf, die ich bereit bin einzugehen. Ja, die Wohnungssuche lässt sich gut mit der Partnersuche vergleichen. Das perfekte findet man nie, weil es das nicht gibt. Letztlich bleibt es immer ein Abwägen und Kompromisse schließen.
Und welche Kompromisse gehe ich ein? Nun, zunächst muss sich feststellen lassen, dass der Wohnungsmarkt in Deutschland unter aller Sau ist. Es gibt, und das ist Fakt, einfach zu viele Löcher die leer stehen. Oftmals habe ich den Eindruck, Menschen die umziehen, hinterlassen immer ein Loch. Vermutlich während sie in ein neues Loch ziehen. Wirklich großartige oder wenigstens annehmbare Wohnungen sind Mangelware. Steht eine auf dem Markt, stürzen sich die Suchenden wie Geier darauf, würden am liebsten den Wohnungsschlüssel sofort in die eigene Tasche stecken. Großartige Wohnungen sind schwer zu finden. Weil Menschen aus großartigen Wohnungen (nachvollziehbar) eigentlich niemals ausziehen. Der Rest sind Löcher. Und ich, als alter Nestbauer, hasse es, in einem Loch zu wohnen. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Suche.
Und entsprechend schmerzhaft ist sie. Denn im Vergleich zu manch anderen, hinterlasse ich hier kein Loch. Die gemeinsame Wohnung, die wir nun aufgeben mussten, war nahezu perfekt. Ein Traum. Die Begeisterung in den Augen der potentiellen Nachmieter bei der Besichtigung zu sehen, ließ mich mehr als einmal in meinen Träumen mit einem Stuhl auf sie einprügeln und verjagen. Aber letztlich hilft es ja nichts. Der Traum ist vorbei, die Wohnung gekündigt. Auf zum nächsten Kompromiss.
Und den habe ich nun gefunden. So manches passt mir zwar ganz und gar nicht an der Wohnung. Führe ich mir aber vor Augen, welche Vorteile sie gleichzeitig bietet und wie viel schlechter es mir gehen könnte, so war sie die richtige Wahl. Heute habe ich den Mietvertrag unterschrieben und in Gedanken bin ich bereits am planen und einrichten.
Und gleichzeitig frage ich mich, wie es sein kann, dass Architekturstudenten offenbar keine Ahnung vom Leben haben. Wird ihnen der gesunde Menschenverstand ausgetrieben? Fehlt es ihnen an Vorstellungskraft, wie ein Haus, eine Wohnung, die nur aus Zahlen und Linien auf dem Papier existiert, in echt aussehen wird? Machen sie sich Gedanken darüber, wie man darin leben soll?
Da wäre zunächst einmal der Flur. Für mich sind Flure und Dielen verlorener Wohnraum. Im Flur zieht man Schuhe an und aus und hängt Jacken auf. Sonst nichts. Dennoch sehe ich immer wieder Wohnung, die zu einem Drittel aus Flurbereich bestehen. Da wird dann ein 5 qm großes Stück dunkler Flur benutzt um auf die 2qm große Gästetoilette zu gelangen. 5qm, die dann dem Wohnzimmer beispielsweise fehlen. Oder dem Badezimmer. Ich stehe auf große Badezimmer mit großen Wannen. Ich muss mich in einem Badezimmer bewegen können. Ich sah Wohnungen, da war man gezwungen, rückwärts aus dem Bad heraus zu schleichen, um sich im Flur umdrehen zu können. Was spricht denn dagegen, vom Schlafzimmer direkt ins Badezimmer zu gelangen? Oder vom Wohn/Esszimmer direkt in die Küche? Warum immer alles durch Flure verbinden? Und überhaupt – warum sind Bäder in den meisten Fällen innen liegend? Wie kann man einen Raum, in dem es ständig feucht ist, so bauen, dass die Feuchtigkeit nur schwer zu vertreiben ist? Fenster – anyone?
Auch Dachgeschoss mag ich nicht. Im Sommer ist es brüllend heiß, meist sind die Schrägen mit hässlichem Holz verkleidet und die Möglichkeiten, Möbel aufzustellen wird extremst eingeschränkt. Was manch einer für gemütlich hält, empfinde ich als einengend. Mit meinen 1,85m Körpergröße sind die meisten Dachgeschosswohnungen schlicht inakzeptabel. Auch die Verkabelung heutiger Wohnungen ist komplett am Leben vorbei gestaltet. Irgendwo im Wohnzimmer befindet sich eine Antennensteckdose. Es wird also erwartet, dass der Fernseher dort aufgestellt wird. Dazu gesellt sich allerdings nur eine Steckdose. Eine! Dass moderne Haushalte heute mit TV-Geräten, Radios, Receivern, Rekordern und Konsolen ausgestattet sind, scheint bei so manchem Architekten oder Hausbesitzer noch nicht angekommen zu sein. Bei mir wuseln gerade acht Stecker hinter dem Multimediaschrank in diversen Verteilerkabeln herum.
Ich könnte noch ewig so weitermachen. In den letzten zwei Jahren sah ich viele Wohnungen und bei vielen wollten mir die Worte entfahren „Habt ihr sie eigentlich noch alle, so ein Loch zu einem solchen Preis anzubieten?“ Aber – die Löcher werden bewohnt. Von Menschen, die sich kurz darauf wieder ein neues Loch suchen. Ich hoffe, ich werde mich mit den Dachschrägen, dem großen Flur, dem kleinen Schlafzimmer und dem unnötigen Gäste-WC schnell abfinden können. Sonst suche auch ich mir bald wieder ein neues Loch. Oder ich entwerfe einfach selbst meine Traumwohnung. Ja, das ist wohl die beste Idee.
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