Update Junkie

Never touch a running system. Eine sehr kluge Redewendung und Regel, die in allen möglichen Lebenslagen beherzigt werden sollte. Ganz egal, ob es um die Fußballmannschaft oder um die heimische Einrichtung der smarten Lampen und Lautsprecher geht. Wenn etwas funktioniert, lässt man besser die Finge davon und freut sich, dass es funktioniert.

Jeder, der in der IT arbeitet, hält sich natürlich daran. Jeder? Nein. Ein unbeugsamer Autor eines unbedeutenden Blogs lebt seit Jahren nach der Devise „Neues ist immer besser!“ Neues verspricht noch unbekannte oder schnellere Funktionen, schönere Oberflächen, tolleres Benutzererlebnis – hach, Neues ist immer so… neu. Und aufregend. Und ja, ich spreche von mir selbst.

Auch Jahre der Erfahrung konnten mich bis heute nicht von dem Drang abhalten, jegliches mögliche Update zu installieren. Neue Geräte anzuschaffen. Ja, sogar mit Warnung versehene Beta-Versionen zu ziehen, nur um den Kick des Neuen zu spüren. Ganz vorne dabei zu sein. Oder endlich Bugs entfernt zu wissen (die bislang vermutlich noch gar nie aufgefallen waren).

Jeden Morgen die gleiche Routine: Wecker ausschalten, Wetter checken, Nach Updates suchen. Für zwei Apps stehen Updates bereits. Performance- und Stabilitätsverbesserungen. Ja, gib es mir, schnell. Natürlich starte ich die aktualisierten Apps nicht. Wozu auch, sie sind neu und verbessert. Ich muss mich davon nicht überzeugen, ich weiß es. Neu ist immer besser. Außerdem interessieren mich diese Apps gar nicht. Hauptsache sie sind aktuell.

Natürlich fiel ich schon mehrfach auf die Nase mit diesem Verhalten. Apps, die plötzlich nicht mehr funktionierten, liebgewonnene Funktionen über Bord geworfen hatten, nicht mehr mit bestimmten Geräten oder anderen Apps zusammen arbeiteten. Gadgets, die sich nicht mehr starten ließen. Rechner, die neu installiert werden mussten. Ich habe alles durchgemacht.

Nichts kurierte mich von der Sucht. Der App Store ist mittlerweile ganz hinten in einem Ordner versteckt, um mir den Weg dorthin zu erschweren, doch ich gehe ihn gern. Auf dem Macbook wartet allabendlich ein kleines Programm, das alle installierten Programme auf Aktualisierungen prüft, darauf, von mir gestartet zu werden. Ja, selbst dieser Artikel konnte erst begonnen werden, nachdem ein WordPress-Plugin aktualisiert wurde. Dieser kleine, rote Bubbel mit der weißen Eins, die eine verfügbare Aktualisierung signalisiert, war einfach zu verlockend und hätte mich nur abgelenkt.

Ich bin ein Update Junkie! Gibt es dafür eine Selbsthilfegruppe? Die AA? Die anonymen Aktualisierer? Oder vielleicht einen Ratgeber? Einen 12 Stufen-Plan zur Entwöhnung. Was? Davon gibt es eine neue, verbesserte Version mit nur 11 Schritten? Ich wusste es. Gekauft.

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