Drei Geschichten der Begegnung: Drei

Über ein Jahr ist es mittlerweile her, als ich zum ersten Mal in der Geschichte meines kleinen Blogs einen Artikel komplett löschte. "Mein imaginärer Freund" hieß die Geschichte und handelte von einem jungen Mann, der sich vom Rest der Welt, seinen Freunden und mir, abkapselte und die Schuld daran seiner Freundin gab. Natürlich war dieser Freund alles andere als imaginär, obwohl alles anonym und wenig konkret erzählt wurde und selbstverständlich hoffte ich, ihn durch diese Geschichte etwas aufrütteln zu können. Gespräche, Zureden und Abwarten hatten zu diesem Zeitpunkt seit Jahren nicht gefruchtet. Bezeichnenderweise rüttelte ich allerdings nicht ihn, sondern sie auf. Seine Freundin las offenbar öfter in meinem Blog mit als er und erkannte sich in der Geschichte sofort wieder. Woraufhin sie zum Telefon griff und anrief.

Was folgte, war ein einstündiges Gespräch, das mir eine neue Sicht der Dinge bescherte. Denn wie so oft in Beziehungsdingen hat jede Medaille zwei Seiten, es gibt immer zwei Meinung und nur selten ist einer alleine Schuld am Chaos. Es würde hier zu weit gehen, Details zu nennen und dürfte für alle, die die Betroffenen nicht kennen, höchst uninteressant sein, wo es in der Beziehung der beiden hakte. Aber noch mehr als zuvor wurde deutlich, dass es so nicht funktionieren könnte.

Interessanterweise klingelte mein Telefon gleich nach dem Anruf der Freundin erneut. Diesmal war er am Apparat, hatte sich von ihr erzählen lassen, was ich im Internet verbreitete und verlangte ein Anpassung nach seinen Vorstellungen. Ich solle das doch so und jenes vielleicht so und dieses hier komplett anders schreiben. Ich weigerte mich. Schließlich hatte ich meine Worte mit Bedacht gewählt. Schließlich wollte ich mit dem Artikel erreichen, dass die beiden aufwachen und es vielleicht endlich schaffen, sich aus dem selbst gebauten Gefängnis, in dem sie seit vielen Jahren lebten, zu befreien. Ich wollte meinen Freund zurück, ja.

Im Laufe der nächsten drei Tage telefonierte ich sehr oft mit beiden. Jedes mal, wenn einer der zwei mir seine Sicht der Dinge erklärt hatte, verständigte er den anderen darüber, woraufhin dieser dann bei mir eine Gegendarstellung hinterließ. Meine Vorschläge, sich vielleicht einmal zu treffen und das alles nicht kompliziert über das Telefon zu besprechen, fruchteten nicht.

Dann wurde es mir zuviel. Ich sah meinen Fehler ein. In so mancher Hinsicht. Natürlich konnte ich keine Beziehungen reparieren, schon gar nicht mit einem Blogeintrag. Natürlich durfte ich mich nicht einmischen. Natürlich konnte ich beiden nicht helfen. Und, was noch viel schlimmer für mich war, durch die Möglichkeit, auch einmal die Gegenseite zu hören, musste ich feststellen, wie armselig unsere Freundschaft war. Wie ich über die Jahre hinweg getäuscht und vertröstet worden war. Wie mir einer meiner besten Freunde wieder und wieder Lügengeschichten über die Ach-so-Böse Freundin erzählte, die ihm das Leben schwer machte, ihm die Luft zum atmen nahm und ihn einsperrte.

Die zwei sperrten sich gegenseitig ein und sie konnten oder wollten nichts daran ändern.  Und gaben mir die Schuld, dass ich es zur Sprache gebracht hatte.

Die Diskussionen war ich leid. Das ewige Sich-im-Kreis-drehen und immer wieder die gleichen Argumente und Erklärungen abzugeben und zu hören, musste ein Ende finden. Ich nahm den Artikel aus meinem Blog um endlich Frieden zu schaffen, beschwor beide ein letztes Mal, sich zu besinnen und eine Lösung zu finden, die beide glücklich macht. Und beide versprachen es.

Ich zog nach Duisburg, weg aus der Heimat, weg aus ihrem Blickfeld und wie zuvor hörte ich nichts mehr von meinem ehemals besten Freund. Er antwortete nicht auf Anrufe oder SMS oder Mails und ich gab es irgendwann (wieder) auf. Ob sie noch zusammen waren? Keine Ahnung. Aber ich hoffte nicht.

Und dann war ich ein Wochenende lang wieder im guten alten Freiburg, besuchte am Samstag das BarCamp in Offenburg und schlenderte am sonnigen Sonntag gemütlich mit der damalige Freundinn durch meine Lieblingsstadt. Und man ahnt es bereits, wer mir dort über den Weg lief. Der Freund. Und an seiner Hand, sie. Die Szene hätte kaum peinlicher sein können, man spürte ihr Unbehagen, man sah ihnen die Verlegenheit an, zusammen erwischt worden zu sein. Das folgende Gespräch hätte kaum oberflächlicher sein können. Er fragte, wie es mir in Duisburg ging. Ich stellte die Gegenfrage, wie es den beiden ging. Woraufhin sie als einzige Antwort nur diesen Satz sagte: "Da musst du ihn fragen." Wie immer bei solchen Begegnungen verspricht man sich, mal wieder anzurufen, sich wieder zu melden. Doch als ich mit der damalige Freundinn eine Minute später weiter schlenderte, wusste ich, dass diese Freundschaft schon lange tot war. Und es wahrscheinlich für immer bleiben würde. Manchmal braucht es nur ein so kurzes Treffen, um einem klar zu machen, wie sehr man sich mittlerweile entfremdet hat und wie sehr man es leid ist, weiter mit Lügen und falschen Versprechungen belästigt zu werden.

Und, ihr zwei, falls ihr das lest, dürft ihr gerne einen Kommentar hinterlassen und eine Gegendarstellung schreiben. Aber dieser Artikel wird weder verändert noch gelöscht. Ich wünsche euch beiden das Allerbeste für die Zukunft. Hoffentlich habt ihr es im Griff.

Kommentare

  1. Wieso denn Vorsicht? Hab ja nichts Böses geschrieben! :) :P

  2. Der Roger

    Ja, irgendwie bin ich auch froh, dass es vorbei ist. Sowas braucht kein Mensch.

    Und ja, ich habe ne Freundin. Und vorsicht, sie liest hier auch mit. ;-) Ist ja auch schon in vielen meiner Beiträge erwähnt worden. Aber du bist Neuleser, da ist das zu entschuldigen. ;-)

  3. Wat’n p(P)aar Knackwürste. Meine Güte. Da kannste doch froh sein, wenn das vorbei ist. Drama, Baby!

    Wusste ja gar nicht, dass du ’ne Freundin hast.. o_O Da habe ich ja umsonst auf ein mysteriöses Treffen im Edeka-Markt gehofft. :) Mist.

  4. Was sagen mir diese drei Geschichten (Eins, Zwei, Drei)? Was bleibt übrig von diesem Wochenende? Nichts Neues im Grunde. Das Internet bringt uns näher zusammen, lässt uns Dinge sehen, die zuvor verborgen blieben. Es gibt uns das Gefühl des globalen Do

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